Prozesserklärung

Rede des Angeklagten zum Prozess betreffend G20, Basel Nazifrei und internationalistischen Mobilisierungen zu Rojava.

Ich wurde gestern und heute hier vor Gericht gezerrt. Es geht um verschiedene Demonstrationen in den letzten Jahren, bei denen der Staat Material gesammelt hat und nun gegen mich zur Anklage bringt. Es ist offensichtlich, dass es bei diesem Prozess um Einschüchterung geht. Es ist offensichtlich, dass eine gerade Linie von den Baselnazifrei Prozessen zu meinem Prozess zeigt. Seit einigen Jahren nun erleben wir in Basel, dass sich Staatsanwaltschaft und Polizei vorgenommen haben soziale Bewegungen mit Gewalt und Strafverfahren zu befrieden. Staatsanwalt Cabrera fordert 8 Monate unbedingt Gefängnis für mich.

Begründet hat er das mit meiner politischen Gesinnung und auch explizit mit dem 1.Mai vor bald zwei Wochen. Ich hätte dort am Soundwagen gesprochen und polizeifeindliche Parolen angestimmt. Während die Bullen in Zürich einem Genossen das Auge wegschossen, für immer, und in Basel den 1.Mai massiv angriffen, sowie mehrere Menschen verletzten, sollen Leute in den Knast weil sie Parolen gegen eben diese Polizei anstimmen?

Es finden Angriffe auf unsere Bewegung statt, ohne Frage. Bisher reagieren wir in Basel darauf sehr stabil. Wir konnten die Baselnazifrei-Prozesse sogar umdrehen und eine kollektive Stärke daraus ziehen. Aber Repression macht natürlich auch etwas mit uns. Die kollektiven Prozesse, in denen wir analysieren was gerade passiert und wie wir darauf am besten reagieren, sind deshalb umso wichtiger. Ja, es gab im vergangenen Jahr ein völliges Ausufern der Polizeirepression, mehrere Kessel, viel Gumm-ischrot, viele Verletzungen. Aber wir werden im Vertrauen auf unsere eigene Stärke, im Vertrauen auf die Solidarität und im Wissen darum, dass die Kämpfe die wir führen die grösste Dringlichkeit und Legitimität haben, unsere Organisierung verbessern und vorantreiben!

Diese Welt ist alt. Zeit für eine neue. Zeit für Hoffnung und Befreiung. Zeit dafür, dass die hässliche Macht der Banken und Konzerne endlich gebrochen und für immer vergraben wird. Wir brauchen eine Welt, die auf Solidarität und Gemeinschaft aufbaut, wo der gemeinsam produzierte Reichtum den Wenigen entrissen wird und in den Dienst der Bedürfnisse und der Entfaltung der Vielen gestellt wird. Es ist möglich. Wir werden der kompletten Zerstörung der Umwelt nicht tatenlos zuschauen. Wir werden mit aller Entschlossen-heit für die Perspektive einer anderen Welt kämpfen.

Doch der Weg dorthin ist weit und natürlich werden wir es mit Repression zu tun haben. Natürlich verschärft der bürgerliche Staat, nicht obwohl, sondern gerade weil es diese Krisen gibt die Repression. Es sind unsichere Zeiten. Wer weiss schon was in 10 Jahren ist? Deshalb wird versucht jetzt zu deckeln, alles was stört und aufmuckt zu ersticken! Oder wie Camilo Cabrera es formuliert hat: „Der Polizei ist immer Folge zu leisten, denn sie hat für Ruhe und Ordnung zu sorgen.“

Gegen diese autoritäre Entwicklung, gegen diese Law-and-Order Mentalität, die leider bei weitem nicht nur beim alten Antikommunisten Cabrera zu sehen ist, müssen wir unsere Solidarität und die Ausweitung unserer Kämpfe stellen! Ich möchte natürlich nicht sagen, wir sollen die Repression einfach ignorieren und mit dem Kopf durch die Wand. Wir müssen kollektiv diskutieren, was in Basel und darüber hinaus passiert und wie wir damit umgehen.

Aber wir müssen die Verantwortung gemeinsam tragen, uns von den verschiedenen Repressionsschlägen nicht entmutigen zu lassen, sondern immer nach Wegen zu suchen unsere Bewegungen nach innen und nach aussen zu stärken. In dem wir gut aufeinander schauen. In dem wir mehr werden. Und in dem wir uns die Strasse von den Knüppeln der Polizei nicht nehmen lassen.

Das Urteil:

Das Gericht folgte der überrissenen Forderung der Stawa nicht. Der Staatsanwalt Cabrera kassierte eine Schlappe. Trotzdem wurde der Genosse in vielen Punkten – zu einer hohen Geldstrafe mit einer vierjährigen Bewährungsfrist – verurteilt.

Nichts ist vorbei wir kämpfen weiter. Wir sehen uns auf der Strasse!