Feministische Kämpfe in Indien

Anlässlich des 8 März thematisieren wir verschiedene Aspekte feministischer Kämpfe in Indien.

PROTESTBEWEGUNG VON STUDIERENDEN GEGEN ANTIMUSLIMISCHE GEWALT UND REGIERUNG

In Indien ist die faschistische BJP-Regierung an der Macht, die unter dem Premierminister Narendra Modi das Ziel verfolgt Indien zu einem hindu-only Staat zu machen. Ihr grösstes Unterdrückungsziel ist die muslimische Bevölkerung, die grösste religiöse Minderheit des Landes ist. Nachdem die Regierung in den letzten Jahren einige antimuslimische Gesetze erlassen hat, sind ihr jüngstes Ziel muslimische Schüler*innen und Student*innen, die einen Hijab tragen. Im Bundesstaat Karnataka hat die Regierung 2022 ein Hijabverbot eingeführt. Seit Antritt der BJP-Regierung haben Hassrede und Gewalt gegen Muslim*innen um 500% zugenommen. Von Anfang an gab es aber auch Widerstand dagegen. Auch aktuell wird in ganz Indien gekämpft gegen die versuchte Unterwerfung von Muslim*innen und anderen Minderheiten durch den faschistischen Staat.

BEFREIUNGSKÄMPFE IN KASHMIR

Kashmir befindet sich zwischen Indien, Pakistan und China und ist seit jeher ein blutig umkämpftes Terrain und eine der am meisten militarisierten Zonen weltweit. Der «indische» Teil Kashmirs ist der einzige Bundesstaat mit einer mehrheitlich muslimischen Bevölkerung in ganz Indien. Dort verfolgt die indische Regierung ein islamophobes nationalistisches Projekt und setzt ähnlich wie der israelische Staat in Palästina ein siedlerkoloniales Projekt mit militärischer Besatzung durch. Wie in Palästina oder auch Tamil Eelam, wird der lokale, z.T. militante Widerstand gegen die militärische Besatzung und jeglicher Kampf für die Unabhängigkeit Kashmirs als Terrorismus eingestuft und bekämpft.

Der Bevölkerung in Kashmir wird eine autonome Regierung sowie der Zugang zu ihren Rechten militärisch verwehrt. Frauen und genderqueere Menschen in Kashmir sind zusätzlich von patriarchaler Gewalt durch das Militär und innerhalb ihrer Communities betroffen. Auch werden ihre Bedürfnisse durch den Mainstream-Feminismus in Indien, der oft antimuslimisch gefärbt ist, nicht anerkannt. In Kashmir hat sich ein (militanter) feministischer Widerstand gegen alle diese Unterdrückungen geformt. Ein Teil davon ist die «Association of Parents of Disappeared Persons», gegründet durch Frauen, deren Familienmitglieder durch das Militär entführt wurden (seit 1989 ca. 10’000 vermisste Personen). Ihre Geschichte erzählt der Film «Khoon Diy Baarav (ihr vergiesst Blut, wir leisten Widerstand)»

FARMERS’ PROTEST

Im Jahr 2020, mitten in der Pandemie, hat die indische Regierung Gesetze zur Privatisierung von der Landwirtschaft (zugunsten der zwei reichsten Kapitalisten Indiens) eingeführt. Dies hatte die grössten Proteste ausgelöst, die die Welt je gesehen hat – bis zu 250 Millionen Menschen waren in Indien zeitgleich auf der Strasse und haben monatelang vor Regierungsgebäuden campiert, in der Winterkälte ausgeharrt, gegen die Regierung und die Gesetze protestiert. Frauen und genderqueere Menschen spielten bei den Protesten eine wichtige Rolle.

Sie protestierten nicht nur gegen die neuen Gesetze, sondern auch wegen den hohen Suizidrate in Bauernfamilien, gegen geschlechterbasierte Ungleichheit (75% der Frauen und genderqueeren Personen in ländlichen Gegenden sind Bäuerinnen, sie besitzen aber nur 13% der Ackerflächen/ Gesetze verbieten Frauen das Erben von Land, sie haben keinen Zugang zur Altersvorsorge oder soziale Absicherungen etc.), geschlechterbasierte Gewalt.
Ein wichtige Rolle bei den Protesten spielten Sikhs. Widerstand und der Kampf für Rechte hat bei den Sikhs in Indien eine lange Tradition. Sie wurden von der indischen Regierung immer wieder angegriffen, kriminalisiert und entmenschlicht (beispielsweise während der Anti-Sikh-Pogrome in Indien 1984)

HIJRAS & LGBTIQ+ BEWEGUNG

In Indien gibt es seit je her ein drittes Geschlecht, die sogenannten Hijras. Hijras waren bis zur Kolonisierung sehr respektiert und hatten wichtige religiöse Funktionen in der Gesellschaft. Durch den britischen Einfluss verbreiteten sich vermehrt binäre Geschlechtermodelle in Indien und das dritte Geschlecht wurde auch kriminalisiert. Die Folgen davon sind bis heute spürbar. Hijras sind sozial marginalisiert und haben keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und vielen Jobs. Viele Hijras arbeiten in der Prostitution.

Dem Widerstand der LGBTIQ+ Bewegung ist es zu verdanken, dass in den letzten Jahren einige Gesetzesveränderungen erkämpft werden konnten. So ist das dritte Geschlecht seit 2014 offiziell anerkannt, Sex ausserhalb heterosexueller Beziehungen seit 2018 nicht mehr kriminalisiert. Trotzdem fehlen noch viele Grundrechte. Im Moment nutzen einige Parteipolitiker*innen LGBTIQ+-Kämpfe um sich zu profilieren. Doch die wirkliche Stärke liegt im Kampf von Unten, der in Indien eine lange Tradition hat.

DALIT FRAUEN

Obwohl das Kastenwesen nach offizieller Version abgeschafft ist, erleben viele Frauen Indiens Diskriminierung aufgrund der Kaste, der sie zugehören. An unterster Stelle im Kastenwesen sind die Dalits. Rund 17% aller Frauen Indiens werden den Dalits zugerechnet. Der organisierte Widerstand der Dalits reicht bis 1920 zurück. Seit den 80er Jahren haben sich viele Frauenorganisationen gegründet, die gegen die besondere Unterdrückung der Dalit-Frauen kämpfen.

Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Bewegung ist die sozialreformerische Lehre von Ambedkar, einem Dalit-Vertreter der zur Zeit der Unabhängigkeitswerdung Indiens eine wichtige Rolle spielte. Ambedkar setze sich für einen gerechteren Staat ein, in dem die Dalit nicht mehr diskriminiert werden. Aber auch in revolutionären marxistischen Organisationen machen Dalit-Frauen eine grosse Zahl aus. Viele Dalit Frauen sind Teil des bewaffneten Widerstands der sogenannten «Naxaliten», des bewaffneten Arms der Communist Party of India (Maoist), die sich momentan vor allem gegen Landnahme und Umweltzerstörung wehren und dabei gezielt Polizei und Militär angreifen. Sie kämpfen nicht für einen reformierten Staat, sondern eine revolutionäre Veränderung, die das Kastenwesen wirklich abschafft.