Am 24. September 1908, wurde die revolutionäre Antifaschistin Clara Thalmann in Basel geboren. Ein Wandbild im St. Johanns-Quartier erinnert an sie. Aus der Erinnerung an ihren Mut und ihre Haltung, schöpfen wir Kraft im Kampf für eine befreite Gesellschaft.
Clara Thalmann (mütterlicher Name Thudium) wurde 1908 in Basel geboren, als eines von zehn Kindern einer Arbeiter:innenfamilie. Beeinflusst durch den Verrat der Sozialdemokratie mit ihrer kriegsfreundlichen Haltung und durch den Erfolg der Oktoberrevolution in Russland 1917, fühlte sich Clara schon früh zum Kommunismus hingezogen und trat in den 1920er Jahren in die kommunistische Jugend ein.
Mit der Machtübernahme Joseph Stalins in der Sowjetunion veränderte sich das Klima in den kommunistischen Parteien. Auch in der Schweiz wurde der bürokratische Apparat gestärkt und ein autoritärer Führungsstil etabliert. Kritik an der Parteilinie wurde unterbunden. Clara und ihr Partner Paul Thalmann blieben zwar vorläufig in der kommunistischen Partei, positionierten sich jedoch von Beginn an gegen diese Entwicklungen. Sie wurden denn auch bald von der Partei ausgeschlossen, betrieben aber weiterhin revolutionäre und antistalinistische Propaganda.
1936 veranstalteten die deutschen Nazis mit den Olympischen Spielen in Berlin eine große Propagandashow. Als Antwort darauf hatte die internationale revolutionäre Bewegung eine Arbeiter:innen-Olympiade in Barcelona organisiert. Clara sollte als Schwimmerin und Delegierte der Schweizer Arbeiter:innen teilnehmen.
Doch die Internationale Arbeiter:innen-Olympiade fand nie statt. Wenige Tage vor der Olympiade, am 17. Juli 1936, führte der faschistische Militärputsch unter Franco gegen die spanische Republik zum Ausbruch des Bürgerkriegs, der bis 1939 dauern sollte. Clara entschloss sich dennoch nach Spanien zu gehen und wurde Teil der gewaltigen dortigen sozialen Revolution.
Der spanischen anarchistischen Bewegung gelang es innert kürzester Zeit Fabriken und Ländereien in Kollektivbetriebe umzuwandeln, die von den Arbeiter:innen selbst geführt wurden. Bald waren fast zwei Drittel des Landes und der Industrie unter Selbstverwaltung dieser Basiskollektive. Nicht mehr der Staat, sondern revolutionäre Komitees und Milizen kontrollierten Politik und Wirtschaft, sowie den Kampf gegen Francos Truppen.
Angekommen in Spanien, schloss sich Clara der linkskommunistischen POUM an und ging sogleich an die Front. Später berichtete sie in Madrid, wo die POUM einen Radiosender besetzt hatte, gemeinsam mit ihrem Partner über den Krieg und die revolutionären Entwicklungen in Spanien. Als sich die Situation in Madrid zuspitze, reiste Clara, zusammen mit Paul, kurzzeitig zurück in die Schweiz.
Ihre vorherigen Versuche sich wieder den Milizen der POUM anzuschliessen, wurde nicht stattgegeben, denn Frauen durften zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr mitkämpfen.Die patriarchale Ordnung hatte durch die soziale Revolution zwar tiefe Risse bekommen, dennoch mussten Clara und andere Milizionärinnen auch in den eigenen Gruppen um ihre Position kämpfen. Immer wieder wurde versucht Frauen von der Front auszuschliessen. Es waren die Stalinisten, die mit der Umstrukturierung der Milizen zu einer Volksarmee auch gleich Frauen von den militärischen Einheiten kategorisch ausschlossen.
Zwei Monate blieb Clara in der Schweiz und versuchte dort Möglichkeiten zu finden, spanische Waisen und Kinder unterzubringen, die zuvor evakuiert worden waren. Als ein entsprechendes Programm mit der schweizerischen Arbeiterkinder-hilfe anlief, reisten Clara und Paul wieder nach Spanien. In Barcelona kämpfte Clara im Maiaufstand, an der Seite von Anarchist:innen.
Die Gräben innerhalb der revolutionären Front vertieften sich. Die Sowjetunion lieferte dringend benötigte schwere Waffen, verband diese materielle Unterstützung jedoch mit dem Versuch, die revolutionäre Bewegung einer stalinistischen Aussenpolitik unterzuordnen unterzuordnen. Aus nationalstaatlichen Interessen wollte die Sowjetunion (und ihr spanischer Ableger, die PCE) in Spanien nur eine bürgerliche Revolution und bekämpfte deshalb die soziale Revolution, welche von der anarchistischen CNT und der POUM vorangetrieben wurde.
Parallel zu der sich abzeichnenden Niederlage gegen die faschistischen Kräfte, wurde der revolutionäre Prozess nicht zuletzt durch die stalinistische Politik ins Wanken gebracht. Clara und Paul kämpften an der Seite von linkskommunistischen und anarchistischen Milizen gegen diese Entwicklung, wurden jedoch später von der stalinistischen Geheimpolizei verhaftet und eingesperrt.
Nach ihrer Freilassung flüchteten Clara und Paul aus Spanien und schafften es nach Paris. Sie verstanden sich mittlerweile als Teil der anarchistischen Bewegung. Während der Besatzung Frankreichs durch die Nazis bauten sie eine kleine revolutionäre Widerstandsgruppe in Paris auf. Ihr Haus wurde bald zu einer Zufluchtsstätte für untergetauchte Jüd:innen und Revolutionär:innen.
Nach dem Sieg französischer Truppen gegen Hitlers Einheiten, zogen Clara und Paul nach Südfrankreich, um am nördlichen Stadtrand von Nizza eine landwirtschaft-liche Kommune zu gründen, mit dem Namen «La Séréna». Die Kommune wurde schon bald zu einem Treffpunkt für Revolutionär:innen aus der ganzen Welt.
Clara blieb Zeit ihres Lebens dort und starb 1987 in «La Séréna». Ihren Glauben an die Revolution hat sie nie verloren.
Auch deshalb soll sie nicht vergessen werden.
In den letzten Jahren jagt eine Krise die nächste. Kriege nehmen zu, rechte Parteien gewinnen an Stärke, Rassismus greift um sich. Lassen wir uns nicht die Hoffnung nehmen! Hoffnung entsteht, wenn wir gemeinsam kämpfen. Erinnern wir uns an die, die vor uns für eine bessere Welt gekämpft haben. Und schliessen wir uns zusammen, um ihre Träume weiter zu verteidigen.
Salud compañera!
Für alle Interessierten weiterführend, z.B.:
- Thalmann, Clara und Paul (1977): Revolution für die Freiheit. Stationen eines politischen Kampfes. Verlag Association.
- Thalmann, Clara und Paul (1979): «Schweizer im spanischen Bürgerkrieg», In: Degen/ Ahrens, «Wir sind es Leid, die Ketten zu tragen…» Antifaschisten im Spanischen Bürgerkrieg, Verlag Eduard Jakobsohn, S. 115-134.